Kindergerechtes Wohnen?

Unfälle auf Burgen gehören zu den selten schriftlich überlieferten und noch seltener bildlich dargestellten historischen Ereignissen. Dies verwundert umso mehr, sind doch Burgen aufgrund ihrer Baumassen mit hohen Türmen und tiefen Gräben, aber auch wegen ihrer bisweilen exponierten Lage, definitiv nicht das, was man heute unter „Sicherheit am Wohnort“ subsummieren würde.

Dies wird auch in der Darstellung des Absturzes eines Kleinkindes von der steirischen Burg Kammerstein auf dem sog. „Kleinen Mariazeller Wunderaltar“ von 1512 deutlich: Vom palasartigen Hauptgebäude der Burg, die auf einem in das Liesingtal vorspringenden Höhenrücken errichtet wurde, stürzt kopfüber das Kind in den Abgrund. Einzig die Anrufung der Muttergottes, dargestellt im Strahlenkranz im oberen Bildteil, führt zur Errettung des Kindes, das sich im Bildvordergrund bereits in den Armen der Mutter befindet.

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© Institut für Realienkunde – Universität Salzburg

Dass Burgen ein gefährlicher Ort für Kinder waren, veranschaulicht auch ein Votivbild des Bernhard von Seyboltsdorf von 1499, das die wundersame Errettung eines Kindes, das in den Brunnen der Burg Schärding in Oberösterreich gefallen war, zeigt. Die Bergung eines Knaben aus einem eingestürzten Turm von Burg Mannsberg in Kärnten, dargestellt auf einem 1500 datierten Votivbild im Wallfahrtsort Altötting, verweist auf einen Unfall, der auch andere Altersgruppen hätte treffen können. Blicken wir auf die schriftliche Überlieferung, so zeigt sich, dass die „Gefahrenstelle Burg“ von Unfällen auf der Baustelle bis hin zur unfreiwilligen Konfrontation mit wilden Tieren im Burghof reicht – so geschehen Anna von Auersperg 1575 mit einem Bären auf Burg Žuženberk/Seisenberg (Slowenien) – die indirekt auf Wildtierhaltung in und um Burgen schließen lässt. Insofern sind Unfälle, so anekdotisch ihre Überlieferung auch sein mag, Schlaglichter auf den „Lebensraum Burg“.

T.K.