Datenvisualisierung im Mittelalter

Eine kolorierte Federzeichnung ist einer Handschrift über die Regeln für den Kartäuserorden vorangestellt. Sie zeigt – unten auf dem Boden liegend – den heiligen Bruno, der durch die Beischrift benannt und als erster Kartäuser (und damit Gründer des Ordens) ausgewiesen ist. Mit der rechten Hand stützt Bruno seinen Kopf, mit der linken deutet er auf ein vegetabiles Gebilde, das aus seiner Seite zu wachsen scheint. Der Stamm und die Äste dieser Baumstruktur sind grün eingefärbt. Blassgelbe und blaue Blüten an den Enden bzw. Verzweigungen dieser Äste tragen Brustbilder von Mönchen, Bischöfen und einem Kardinal aus dem Kartäuserorden.

Ausgewählt wurden für den Orden wichtige Persönlichkeiten, wie etwa der fünfte Prior der Kartause, Gugio, der die bis dahin mündlich tradierten „Gebräuche der Kartause“ 1127 verschriftlichte oder Guillaume de Raynald, der 1368 die „Nova Statuta“ des Ordens verfasste. Mit dem einzigen Kardinal, der am obersten Ende des zentralen Ausläufers des Stammbaums platziert ist, könnte eventuell Niccolò Albergati gemeint sein, dessen berühmtes Porträt von Jan van Eyck heute im kunsthistorischen Museum in Wien zu sehen ist.

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© Institut für Realienkunde, Univ. Salzburg

Dieser Stammbaum bietet also eine Visualisierung von Daten: es gibt einen Gründer als „Wurzel“ des Ordens (Bruno) und eine sich darauf aufbauende Geschichte des Kartäuserordens, deren markante Punkte durch unterschiedliche Personen gekennzeichnet sind. Die Unterscheidung dieser Personen erfolgt in diesem Stammbaum einerseits durch die Spruchbänder, anderseits weisen die Kleidung bzw. die Attribute auf den Stand der jeweiligen Personen hin. Die Schäfte der Bischofs- bzw. Kreuzstäbe sind rot hervorgehoben worden. Die Leserichtung von unten nach oben entspricht einer ungefähren chronologischen Dimension des Stammbaums. Außerhalb der Zeitlichkeit, links und rechts von Bruno, sind die Patrone des Ordens, Maria und der Hl. Johannes der Täufer, dargestellt.

Auch die Daten in REALonline werden in unterschiedlicher Form visualisiert: In der Vollanzeige des Datensatzes zum vorgestellten Bild (REALonline 006930) kann man auswählen, ob die dargestellten Elemente der Bildquelle als Graph, als Liste oder als Fließtext in der Volltextansicht dargestellt werden. Ein Graph besteht aus Knoten (den farbigen Kreisen) und den Kanten (die Verbindungen zwischen den Kreisen). Sowohl in den Knoten als auch in den Kanten können Informationen gespeichert werden. Die Legende gibt Aufschluss über die Art von Informationen, die in den Knoten vorgehalten werden.

I.N.