Object Links

Anstatt einer Darstellung betender Stifter zeigt der Andreasaltar im Diözesanmuseum St. Pölten auf dem linken beweglichen Flügel (Werktagsseite) eine Illustration des mittelalterlichen Gedankenmodells rund um die Fürsorge für die Toten, die für die Lebenden verpflichtend war: Mit der Stiftung von Messen und der Verrichtung guter Werke wie der Almosenspende bewirkte man für verstorbene Angehörige Trost oder gar die Erlösung aus dem Fegefeuer – dem Ort der Reinigung der Seele von während der Lebenszeit nicht abgebüßten lässlichen Sünden – und konnte gleichzeitig davon ausgehen, dass einem die ausgeübten Werke eines Tages im Jenseits selbst zugutekommen würden.


Überdies konnten die dadurch erlösten Seelen im Himmel wiederum stetig Fürbitte für einen leisten. Handlungen und selbst der Austausch von Gütern konnten in diesem Denkmodell als soziale Interaktionen zwischen den Lebenden stattfinden, aber gleichermaßen den Toten zuteilwerden. Am Andreasaltar (REALonline 001650 und 001651) wird diese Verbindung durch rote Strahlen, die von den Handlungen im Kirchenraum in das unterhalb dargestellte Fegefeuer führen, unmissverständlich deutlich gemacht.

andreasaltar

© Institut für Realienkunde, Univ. Salzburg

Der Text der um 1480 entstandenen Nürnberger „Biblia Picta“ (Nürnberg, Stadtbibliothek, Cent. V. App. 34a) beschreibt den konkreten Hergang der Hilfeleistung für die Toten: Engel erzählen den Seelen von den für sie geleisteten Taten und bringen ihnen damit Linderung. In bildlichen Umsetzungen dieses „Erzählens“ spielen oft bestimmte für die jeweiligen guten Werke charakteristischen Objekte eine zentrale Rolle. Auch am Andreasaltar verdichten sich die Handlungen in den involvierten Objekten – der im entscheidenden Augenblick der Messe elevierten Hostie und der dem Bettler übergebenen Münze –, denn diese sind die Ausgangspunkte der Verbindungslinien zu den Scheiteln jener Seelen, die gerade von Engeln aus dem Fegefeuer gezogen werden. Der Funktion als Altarretabel entsprechend wird die besondere Wirksamkeit des Messopfers – drei gegenüber einer geretteten Seele – propagiert. Mit dem im Bild dargestellten Altarretabel, das mittig die Madonna mit dem Christusknaben zeigt, ist gleichzeitig ein Bezug zum „realen“ Altarretabel selbst hergestellt, dessen Standflügel einen mariologischen Bildzyklus zeigen.

Object Links ist auch der Titel einer der Forschungsperspektiven am Institut für Realienkunde des Mittelalters und der Frühen Neuzeit.

M.L.